Muhammad Schams ad Din Hafis

Die Stadt ist voll von Zarten... (Muhammad Schams ad Din Hafis)

Die Stadt ist voll von Zarten:

    Wohin ich blick, es lacht:

Kommt, Freunde, Schönheitsmarkt ist,

    wenn ihr Geschäfte macht.

Nie sah der Zeiten Auge

    so frisches, junges Blut,

Nie fiel in eines Hände

    ein Bild so wohlgemacht.

Wer hat gesehn ein Auge,

    das Gott aus Geist geschaffen?

Kein Erdenstäubchen drücke

    den Saum dir, Himmelspracht!

Was scheuchst du von dir einen

    zerbrochnen Mann wie mich,

Der höchstens an ein Küssen

    und ein Umfahn gedacht?

Der Wein ist lauter, eil dich

    die Zeit ist kostbar, heil dich:

Wer weiß, ob künft'ges Jahr ihm

    der Frühling neu erwacht!

Im Garten Tulp' und Rose

    stehn Trautgesellen gleich,

Die alle Becher halten

    für Liebchen ausgebracht.

Von Hafis jedes Härchen

    in Händchen eines Liebchens:

Schwer ist es Posto halten

    auf solcher Lagerwacht!

(Übersetzung: Friedrich Rückert)

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-009420-8
Erschienen im Buch "Gedichte aus dem Diwan"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.