Ernst Stadler

Dunkle Fahrt (Ernst Stadler)

       

Die alten Brunnen rauschten wie im Traum

durch fernen Hall vertrauter Abendglocken

und flossen weich ins Dunkel· das den Duft

nachtschwüler Gärten· die ich spät durchwandert·

still atmend trug. Nun tut sich dämmernd auf·

vom schwanken Frühlicht hingetürmt· umwölbt

von Felsenstürzen· purpurtiefen Schluchten·

der letzten Fahrten letzte Ruhestatt:

Mit schwarzem Strom die goldig dunkle Trift.

Die kalten Eisenstufen schreit ich leicht

die leise klirrenden ins Tal· daraus

nicht Rückkehr ist. Nun bette mich

in blauen Schatten blütenloses Land·

traumstarre Flut!

                        Schon

rührt dein schwerer Hauch

mich schauernd an. Schon überweht ein Glanz

mich Trunknen hell wie einer Gottheit Bild

aus blitzendem Gewölk. Schon trübt und wirrt

des Lebens Spiegel fern sich wie ein Traum·

der flatternd zwischen Tag und Dämmer lischt.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-008528-4
Erschienen im Buch "Der Aufbruch und andere Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.