Christian Hofmann von Hofmannswaldau

IHr bleichen buhler schwartzer zeit... (Christian Hofmann von Hofmannswaldau)

    IHr bleichen buhler schwartzer zeit /

Die ihr die nächte zieret /

    Und flammen voller lieblichkeit

Durch trübe wolcken führet /

    Werfft einen strahl

    Von eurem saal /

Und schaut / ob meine schmertzen

Sich gleichen euren kertzen.

    Die gantze welt sinckt itzt zur ruh /

Nur meine seuffzer wachen.

    Die sonne drückt ihr auge zu /

Mir meines auffzumachen.

    Dort euer schein /

    Hier meine pein /

Die geben zu verstehen /

Daß sie nicht schlaffen gehen.

    Ihr fackeln seyd itzt hochgestellt /

Ich lieg im leid begraben:

    Euch rühmt der weite kreyß der welt /

Ich weiß kein lob zu haben.

    Ihr kennt kein joch /

    Mich drückt es noch /

Ihr könnt die flammen zeigen /

Und ich muß sie verschweigen.

    Nun Polydorus bleib allhier /

Und fechte mit gedancken.

    Furcht und betrübniß zeigt sich dir

In des gemüthes schrancken.

    Diß / was mein geist

    Mich hoffen heist /

Vergleicht sich euch ihr sternen /

Es zeigt sich nur von fernen.

    Mein sinn ist wie ein grünes land /

Da hoffnungs-blüten prangen /

    Die doch des glückes falsche hand

Läst keine frucht erlangen.

    Des geistes glut /

    Der augen flut /

Der pein in meinem hertzen /

Ist mehr als eurer kertzen.

    Ich hin ein schiff der liebes-see /

Das wind und wetter plaget /

    Dem unglück / hoffnung / furcht und weh /

Durch mast und segel jaget.

    Hier zeiget sich

    Kein port für mich /

Dieweil ich itzt muß meiden

Den Leitstern meiner freuden.

    Ich weiß / weil mich die noth bekriegt

An mehr als tausend enden /

    Daß Amaranthe ruhig liegt /

In Morpheus süssen händen.

    Daß ihre brust

    Nicht ohne lust

Wird auff und nieder reisen /

Da mich die thränen speisen.

    Ihr sterne lasst das blaue dach /

Und sencket euch hernieder /

    Erfüll't ihr kühles schlaffgemach /

Erwecket ihre glieder!

    Verschweigt ihr nicht /

    Wie meine pflicht

Mehr thränen hier vergossen /

Als sie der lust genossen.

    Zeigt ihr / was Polydorus macht /

Der in dem feuer lebet /

    Wie alle noth bey ihm erwacht /

Und schrecken um ihn schwebet.

    Wie furcht und pein

    Hier schwestern seyn /

Und dieses ihn betrübet /

Was er zu treu geliebet.

    Doch glaube / daß die rundte flut

Nicht ohne feuer qvillet.

    Ich schwere / daß sie geist und blut

Mit tausend flammen füllet.

    Wer bey der nacht

    Der träume lacht /

Soll diese straff erkennen /

Er soll bey tage brennen.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-008889-5
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.