Paul Fleming

Ode An Herrn Grahmannen - als derselbte in Astrachan den m. dc. xxxijx. wie vorigen Jahres zu Ardefil in Persien von einer hitzi (Paul Fleming)

An Herrn Grahmannen / als derselbte in Astrachan

den m. dc. xxxijx. wie vorigen Jahres zu Ardefil

in Persien von einer hitzigen höchst-

gefährlichen Kranckheit wieder

genaß.

     

    Vertrauter meines Hertzen

Nun ist das fünffte Jahr /

In ernsten und in schertzen /

In Freuden und Gefahr /

In Mangel und in Fülle /

und wies auff Reisen fällt /

Mein Wunsch und gantzer Wille /

durch / in / und aus der Welt:

    Ergäntze dein Gemühte /

das halb gestorben lebt /

und kühl dir das Geblüte /

das so für Hitze klebt;

Auch diesen Stoß den herben /

verrückst du aus dem Ziel';

Es lest sich nicht so sterben /

als wie der Würger wil.

    Dem heissen Perser-Lande

gefalle seine Gluht;

Der Tartereyen Sande /

Sey seine Dürre gut.

Ich lobe deine Felder /

Europe / deine Lufft /

dein Wasser / deine Wälder

die wir so offt gerufft.

    Komm / laß uns alle Mühen

und was uns hat gekränckt /

mit Zucker überziehen /

in Weine seyn vertränckt.

Kein Wermuht ist so bitter /

der nicht auch Honig hält;

So steht sichs wie ein Ritter /

So fällt sichs wie ein Held.

    Komm Bruder laß uns eilen /

Wir haben hohe Zeit;

Zerreisse diß verweilen /

und tödte selbst dein Leid.

Der Donner ist verschwunden;

Der Regen ist vorbey;

Apollo wird empfunden /

und du bist frisch und frey.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-002455-2
Erschienen im Buch "Deutsche Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.