Muhammad Schams ad Din Hafis

Jetzt, da wie Paradieses Hauch... (Muhammad Schams ad Din Hafis)

Jetzt, da wie Paradieses Hauch

    die Luft vom Garten mich umfächelt,

Freu ich des Weins mich, da mir auch

    der Liebsten Auge wieder lächelt.

Der ärmste Bettler in der Welt

    steht heute keinem König nach:

Der Wolke Schatten ist sein Zelt,

    der Saatenrain sein Prunkgemach.

Die grüne Flut erzählt vom Fest

    des Frühlings wunderholde Mären –

Ein Tor, wer Sichres fahren läßt,

    um bloß von Hoffnung sich zu nähren.

Erbaue dich am Weine, Freund –

    wirst du der Moderwelt zum Raube,

So backt sie Ziegelsteine, Freund,

    nach deinem Tod aus deinem Staube.

Zähl auf des Feindes Treue nicht:

    nie wird's in deinem Kopfe helle,

Suchst du bei einem Kirchenlicht

    Erleuchtung deiner Klausnerzelle.

Oh, lenkt nicht von Hafisens Grab

    die Schritte: ob sich's auch erwiese,

Daß er voll Sünden sank hinab:

    Er geht doch ein zum Paradiese!

(Übersetzung: Friedrich Bodenstedt)

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-009420-8
Erschienen im Buch "Gedichte aus dem Diwan"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.