Martin Opitz

Sonnet XXXVI (Martin Opitz)

       

    In mitten Weh vnd Angst / in solchen schweren zügen /

Dergleichen nie gehört / in einer solchen Zeit

Da Trew vnd Glauben stirbt / da Zwietracht Grimm vnd Neidt

Voll blutiger Begier gehäufft zu Felde liegen /

    Da vnverfänglich ist Gericht vnd Recht zu biegen /

Da Laster Tugend sind / wie bin ich doch so weit

In Thorheit eingesenckt? der Liebsten Freundligkeit /

Jhr blüendes Gesicht / jhr angenehmes Kriegen /

    Jhr Wesen / Thun vnd Art / das ist es was ich mir

Bloß eingebildet hab' / vnd rühme für vnd für.

Diß Leid / diß Jammer sehn / vnd dennoch nichts als lieben?

    Die klüger sind als ich schleust man in Clausen ein.

Jhr Musen last mich gehn: es muß doch endlich seyn

Was anders oder ja gar nichts nicht mehr geschrieben.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-000361-X
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.