Martin Opitz

Sonnet XXXVII (Martin Opitz)

           

    Ich gleiche nicht mit dir deß weissen Mondens Liecht:

Der Monde fellt vnd steigt; du bleibst in einem Scheine:

Ja nicht die Sonne selbst: die Sonn' ist gantz gemeine /

Gemein' auch ist jhr Glantz; du bist gemeine nicht.

    Du zwingst durch Zucht den Neid / wie sehr er auff dich sticht.

Ich mag kein Heuchler seyn / der bey mir selbst verneine

Das was ich jetzt gesagt: es gleichet sich dir keine /

Du bist dir ähnlich selbst; ein ander Bild gebricht

    Das dir dich zeigen kan; du bist dein eigen Glücke /

Dein eigenes Gestirn / der Schönheit Meisterstücke.

Du hettest sollen seyn wie noch die Tugend war

    Geehret als ein Gott / in der Welt ersten Jugend /

So were wol gewiß gewesen deine Tugend

Die Kirch' vnd Opfferung / der Weyrauch vnd Altar.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-000361-X
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.