Martin Opitz

Sonnet XXXV (Martin Opitz)

       

    Ich wil diß halbe mich / was wir den Cörper nennen /

Diß mein geringstes Theil / verzehren durch die Glut /

Wil wie Alcmenen Sohn mit vnverwandtem Muth'

Hier diese meine Last / den schnöden Leib / verbrennen /

    Den Himmel auff zu gehn: mein Geist beginnt zu rennen

Auff etwas bessers zu. diß Fleisch / die Handvoll Blut /

Muß außgetauschet seyn vor ein viel besser Gut /

Daß sterbliche Vernunfft vnd Fleisch vnd Blut nicht kennen.

    Mein Liecht entzünde mich mit deiner Augen Brunst /

Auff daß ich dieser Haut/ deß finstern Leibes Dunst /

Deß Kerkers voller Wust vnd Grawens / werd entnommen /

    Vnd ledig / frey vnd loß / der Schwachheit abgethan /

Weit vber alle Lufft vnd Himmel fliegen kan

Die Schönheit an zu sehn von der die deine kommen.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-000361-X
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.