Heinrich Seidel

Der betrogene Teufel (Heinrich Seidel)

Der betrogene Teufel

Der Teufel ist bekanntlich dumm!

Es weiss die ganze Welt darum.

So mancher hat ihn schon betrogen

Und an der Nas' herumgezogen,

Wie man in Mären und Geschichten

Gar mannigfaltig tut berichten.

So auch mit einem Bauersmann

Fing einst er einen Handel an.

Doch diese Sache ward ihm leid,

Denn dank des Bauern Pfiffigkeit

Da sah er bald ganz sonnenklar,

Dass wieder er betrogen war.

Er spuckte Feuer, Rauch und Flammen,

Nahm seinen ganzen Witze zusammen,

Ging einen neuen Handel ein

Und dacht': Der soll mir sicher sein!

Doch klüger war der Bauersmann,

Der wiederum das Spiel gewann.

Der Teufel fluchte wie besessen

Und hätt' den Bauern gern gefressen.

Er zeigte prustend seine Tatzen:

"Du musst dich morgen mit mir kratzen!"

So schrie er wüthig und versank

Mit einem ziemlichen Gestank.

Frühmorgens ging der Bauer fort,

Vertrauend auf des Weibes Wort,

Und diese nahm dann unverwandt

Ein scharfes Messer in die Hand

Und schnitzte eifervoll und frisch

Quer über ihren eichnen Tisch,

Vertrauend ihrem Weiberwitz,

Wohl zolltief einen breiten Schlitz.

Als nun der Teufel kam gegangen,

Um sich den Bauersmann zu langen,

Rumorte sie gar ärgerlich

Und schalt und zeterte für sich,

Bis das der Teufel fragte: "Schau,

Was ärgert euch so, kleine Frau?"

Und diese drauf: "'s ist nicht zu sagen

Mit meinem Mann, nicht zu ertragen!

So wüthet ja kein wildes Thier!

Ja, zum Verzweifeln ist es schier!

Seht hier den Tisch von Eichenholz,

Mein bestes Stück, mein ganzer Stolz!

Nun denkt Euch nur - heut morgen wieder,

Da fährt's dem Unhold in die Glieder

Und ritsch und ratsch - so bloss zum Witze,

Kratzt er in diesen Tisch den Schlitz!

Gottlob nur dem kleinen Finger!

So ward der Schaden doch geringer,

Denn hätt' den Daumen er genommen,

Da wär' es durch und durch gekommen!"

Dem Teufel ward ein wenig schwül,

Ihm lief ein sonderlich Gefühl

Durch seine rauhbehaarten Glieder.

Er sah bedrückt zum Tisch hernieder

Und heimlich dann auf seine Tatzen

Und dacht': "So kann ich ja kaum kratzen!"

Ermannte sich und fragte dann:

"Wo bleibt denn Eu'r geehrter Mann?"

"Je nun, wo wird er wieder stecken?

Der wird wohl neues Unheil hecken,

Denn irgendwas trägt er im Sinn.

Zur Schmiede ging er eben hin

Und lässt sich schärfen seine Nägel!

Da gibt's ein Unglück in der Regel!"

Dem Teufel wurde immer flauer,

Bedachte sich das Ding genauer

Und sprach: "Wie kann man sowas machen?

Das sind ja ärgerliche Sachen!

Ihr seid wahrhaftig zu bedauern! -

Doch länger will ich hier nicht lauern.

Mir fällt so Dies und Jenes ein -

Grossmutter sitzt auch so allein -

Muss sehn, was meine Leute machen.

Ihr wisst, gleich giebt's verkehrte Sachen,

Geht nur der Herr ein Stündchen aus.

Grüsst Euren Mann, kommt er nach Haus;

Ich sprech ihn wohl ein anderer Mal! "

Worauf er schleunigst sich empfahl.

Er fuhr in seine Hölle nieder

Mit Extrapost und kam nicht wieder!

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Glockenspiel - Gesammelte Gedichte, Band VII der Gesammelten Sch"
Herausgeber: A.G. Liebeskind