Gottfried August Bürger

Huldigungslied (Gottfried August Bürger)

                 

Wär' ich doch so hold wie jener

Freund der Liebeskönigin

Oder nur ein wenig schöner,

Als ich Armer jetzo bin!

Denn von einem holden Knaben

Fühltest du vielleicht den Schmerz

Und verschmähtest nicht die Gaben,

Die ich biete: Hand und Herz.

Rührt dich auch aus blassem Munde

Liebevolle Huldigung,

O, so heile meine Wunde,

Oder gib ihr Linderung!

Dienen kann dir Niemand treuer

Als dein frommer Agathon.

Diese huldigende Leier

Sagt die Hälfte nicht davon.

Unermüdet will er dienen,

Deines Lebens Genius,

Und erforschen aus den Mienen

Wohlgefallen und Verdruß.

Alles, Kind, was dir behagte,

Hätt' ich's, Alles gäb' ich dir.

Schande, wenn ich was versagte,

Hohe Schande wär' es mir!

Fehlen sollt' es dir im Jahre

Nie an Spielen froher Lust,

Nie an Blumen in die Haare,

Nie an Blumen vor die Brust.

Emsig warten jeder Rebe,

Pflegen wollt' ich jeden Baum,

Daß er süße Früchte gäbe

Nur für deinen zarten Gaum.

Schattengänge, Sommerlauben

Wölbt' ich dir zu kühler Ruh',

Trüge Beeren, Nüss' und Trauben

Dir in Binsenkörbchen zu.

Neben deinem Lager stehen,

Wann du lauschtest, wollt' ich hier.

Angenehme Kühlung wehen

Sollt' ein Myrtenfächer dir. –

Alles Leid und Mißbehagen,

Jede Sorge, jede Last

Wär' ich ganz allein zu tragen

Nun und immerdar gefaßt.

Nimmer, Liebchen, wollt' ich trüben

Deines Lebens Heiterkeit.

Alle deine Launen lieben

Wollt' ich mit Verträglichkeit.

Sei es Liebes oder Leides,

Käm' es nur von deiner Huld,

So erwidert' ich auf Beides

Bald Entzücken, bald Geduld.

Flügelschläge von dem Weibchen

Trägt des Taubers frommer Sinn.

Auch von dir, geliebtes Täubchen,

Nähm' ich Alles willig hin.

Hieße mich dein Blick entweichen,

Zürnte mir dein Angesicht,

Trauernd würd' ich von dir schleichen;

Widerstreben könnt' ich nicht.

Winktest du, so eilt' ich wieder,

Küßte den Versöhnungskuß,

Sänk' an deinen Busen nieder

Und verlauschte den Verdruß. –

Rührt', o Liebchen, dich die Weise

Dieses Liedes? Hörest du? –

Ach! Die Ahnung lispelt leise

Mit ein andres Schicksal zu.

Schmuck, ein wenig Schmuck der Wangen

Zieht mit stärkerm Zauber an,

Als das innige Verlangen

Einer guten Seele kann.

Schöne Buhler werden kommen,

Werden dich um Liebe flehn,

Und du wirst von deinem Frommen

Zu dem Schönern übergehn.

Allzu leicht genügt den Sinnen

An der Schale Gleißnerei,

Sorglos, ob der Kern darinnen

Wahrheit oder Lüge sei.

Und wie oft gewann die Lüge

Ihr betrügerisches Spiel,

Wenn den Sinnen nur zur Gnüge

Ihrer Schale Reiz gefiel.

Lüge, gleich dem Farbenspiele,

Das der Regenbogen zeigt,

Hat der leeren Reize viele,

Und mit diesen täuscht sie leicht.

Lüge hat zu Gram und Freude

Wörtchen, wie man gern sie hört;

Schwören kann sie hohe Eide

Wie sie Treu' und Wahrheit schwört.

Ach! Sie wird, dein Herz zu rühren,

Toben wie Verzweifelung.

Eide werden dich verführen,

Eide falscher Huldigung.

Daß dein Herz nicht übel wähle,

Was dein Auge wohl erkor.

Gott behüte, liebem Seele,

Gott behüte dich davor!

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.