Detlev von Liliencron

Wer weiß wo (Detlev von Liliencron)

(Schlacht bei Kolin, 18. Juni 1757)

Auf Blut und Leichen, Schutt und Qualm,

auf roßzerstampften Sommerhalm

die Sonne schien.

Es sank die Nacht. Die Schlacht ist aus,

und mancher kehrte nicht nach Haus

einst von Kolin.

Ein Junker auch, ein Knabe noch,

der heut das erste Pulver roch,

er mußte dahin.

Wie hoch er auch die Fahne schwang,

der Tod in seinen Arm ihn zwang,

er mußte dahin.

Ihm nahe lag ein frommes Buch,

das stets der Junker mit sich trug

am Degenknauf.

Ein Grenadier von Bevern fand

den kleinen erdbeschmutzten Band

und hob ihn auf.

Und der gesungen dieses Lied,

und der es liest, im Leben zieht

noch frisch und froh.

Doch einst bin ich und bist auch du

verscharrt im Sand, zur ewigen Ruh,

wer weiß wo.

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Vom goldnen Überfluss"
Herausgeber: R. Voigtländers Verlag