Christian Hofmann von Hofmannswaldau

Wider das ungeduldige murren (Christian Hofmann von Hofmannswaldau)

1.

   MAn muß dem himmel weichen,

Und vor der sternen krafft

Die schlaffen seegel streichen:

Des glückes eigenschafft

Verfolget harte sinnen:

Hier hilfft kein streit, kein krieg,

Man kan allhier den sieg

Nur mit geduld gewinnen.

2.

Denn flucht ihr aufs Geschicke

So häufft ihr straf und schuld,

Und euer ungelücke

Wird gros durch ungeduld.

Die starcke macht von oben

Verlacht der menschen wuth,

Die mit erbostem muth

Auf ihr verhängniß toben.

3.

Klagt ihr die flüchtigkeiten

Der guten stunden an.

Sprecht ihr, der lauff der zeiten,

Hab euch gewalt gethan;

Wo wolt ihr recht erlangen?

Wer wil der richter seyn?

Wird eure seelen-pein

Dadurch ein end empfangen?

4.

Und was? Wir sind ja knechte

Des himmels, der uns schlägt:

Wir leiden gar mit rechte,

Was er uns auferlegt:

Wir sind leibeigne sclaven:

Das murren ziemt uns nicht,

Wenn uns das zorn-gericht

Des herren will bestrafen.

5.

Kein mittel ist zu finden,

Dadurch ein tapffrer mann

Den sauren unglücks-winden

Die stirne bieten kan,

Als wann er willig leidet

Das, was er leiden muß,

Biß ihm des himmels schluß

Ein besser gut bescheidet.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-008889-5
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.