Christian Hofmann von Hofmannswaldau

Ermahnung zur Vergnügung (Christian Hofmann von Hofmannswaldau)

1.

       ACh was wolt ihr trüben Sinnen

                Doch beginnen!

Traurig seyn hebt keine Noth /

Es verzehrst nur die Hertzen /

                Nicht die Schmertzen /

Und ist ärger als der Tod.

2.

Dornenreiches Ungelücke /

                Donnerblicke /

Und des Himmels Härtigkeit

Wird kein Kummer linder machen;

                Alle Sachen

Werden anders mit der Zeit.

3.

Sich in tausend Thränen baden

                Bringt nur Schaden /

Und verlöscht der Jugend Licht;

Unser seuffzen wird zum Winde;

                Wie geschwinde

Aendert sich der Himmel nicht!

4.

Heute wil er Hagel streuen /

                Feuer dräuen;

Bald gewehrt er Sonnenschein /

Manches Irrlicht voller Sorgen

                Wird uns Morgen

Ein bequemer Leitstern seyn.

5.

Bey verkehrten Spiele singen /

                Sich bezwingen /

Reden was uns nicht gefällt /

Und bey trüben Geist und Sinnen

                Schertzen können /

Ist ein Schatz der klugen Welt.

6.

Uber das Verhängnüß klagen

                Mehrt die Plagen /

Und verräth die Ungeduld;

Diesem / der mit gleichem Hertzen

                Trägt die Schmertzen /

Wird der Himmel endlich hold.

7.

Auff O Seele! du must lernen

                Ohne Sternen /

Wenn das Wetter tobt und bricht /

Wenn der Nächte schwartze Decken

                Uns erschrecken /

Dir zu seyn dein eigen Licht.

8.

Du must dich in dir ergetzen

                Mit den Schätzen /

Die kein Feind zunichte macht;

Und kein falscher Freund kan kräncken

                Mit den Räncken /

Die sein leichter Sinn erdacht.

9.

Von der süssen Kost zu scheiden /

                Und zu meiden /

Was des Geistes Trieb begehrt /

Sich in sich stets zubekriegen /

                Und zu siegen /

Ist der besten Crone werth.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-008889-5
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.