Christian Hofmann von Hofmannswaldau

DU kennst mein treues hertze... (Christian Hofmann von Hofmannswaldau)

DU kennst mein treues hertze /

    Es lieget ja in deiner hand /

Als meiner liebe treues pfand /

    So dich bedient im ernst und schertze.

Kein garten blüht mir ohne dich /

    Du schöne blume meiner sinnen /

Wie solte doch mein auge sich

    Von dir entfernt ergetzen können?

Kein amber will mir schmecken /

    Wann du nicht kanst gefährtin seyn.

Der morgenröthe purpur-schein

    Verkehrt sich mir in trübe decken /

Wenn deiner augen sonnen-pracht

    Die güldnen strahlen mir entziehen /

Und dieses / was dich englisch macht /

    Von meiner seiten denckt zu fliehen.

Ich küsse noch die stunde /

    Da ich den ersten liebes-kuß /

Aus keuscher freundschafft überfluß /

    Genoß aus deinem zucker-munde:

Das reine siegel / so von dir

    Auff meine lippen ward gedrücket /

Hat auch die seele selbst aus mir

    In süsse bande hingerücket.

Doch fürcht ich das gelücke /

    So nicht beständig farbe hält /

Und mir auff tausend wege stellt /

    Braucht gegen mich auch seine tücke;

Mich daucht / daß eine fremde hand

    Um deine rosen sich läst spüren /

Und dich / in einen andern stand

    Aus meinen augen will entführen.

Denn dir zu widerstreben /

    Wär eine höllen-harte schuld /

Ich dencke nur / daß ungedult

    Uns wenig wieder weiß zu geben;

Mich stell ich dir gehorsam ein /

    Was du begehrst aus mir zu machen /

Doch kanstu auff den rosen seyn /

    So muß ich auff den dornen lachen.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-008889-5
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.