Rainer Maria Rilke

Früher Apollo (Rainer Maria Rilke)

Wie manches Mal durch das noch unbelaubte

Gezweig ein Morgen durchsieht, der schon ganz

im Frühling ist: so ist in seinem Haupte

nichts, was verhindern könnte, daß der Glanz

aller Gedichte uns fast tödlich träfe;

denn noch kein Schatten ist in seinem Schaun,

zu kühl für Lorbeer sind noch seine Schläfe,

und später erst wird aus den Augenbraun

der jetzt noch still ist, niegebraucht und blinkend

und nur mit seinem Lächeln etwas trinkend,

als würde ihm sein Singen eingeflößt.

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Neue Gedichte von Rainer Maria Rilke"
Herausgeber: Insel Verlag