Peter Hille

Meine Erde (Peter Hille)

                   

             

So ein verliebter Tor verpufft...

(Goethe, Faust)

Meine Hände flammen nach dir.

Sieh, wie die Sonne streichelt

Die lieben Bäcklein,

Die schämig tiefer erglühenden Bäcklein

Liebfrommer Erde.

Wie so im Wundergrausenden

Dampfe des Lebens

Sinnen hoch... träumerisch... zwei Seelen der Seele.

Du Goldkerl du,

Du Prachtlump du,

Du dumme, dumme Erde,

Racker du!

Und Kuß auf Kuß, hungrig trinkend,

Rafft empor sie

Vom tiefabhangenden Haar

An das goldkräftig hingerissene,

Torheit strahlende

Antlitz der Liebe.

Die Menschen nennen das

In ihrer Seelen Schläfrigkeit

Dann gemächlich einen schönen Tag

Und stopfen dazu die lange Piepe

Mit Pastorentabak.

Was wissen die von unserer Liebe!

Es lächelt tief in den grämlichen Falten

Mühender Erde.

Meines Traumes jähe Frische

Lacht hell auf meinem Schlaf

Und hat... was an der Hand –

Dich!

 

1. Boden

       

Siehe ich bin eine traurige Erde,

Größemüde sinnende Landschaft,

Tuend ruhende Schwere!

Wie von Werken

Trauriger Wein.

So verlorenes Stärken:

Was?

Schwarze Vögel,

Wie ein Trauerband gezogen

Um leisblaue zarte Schultern

Sehnenden Himmels,

Mit so nahen spähenden Augen,

Die was Schnelles sagen,

Kommt mir geflogen,

Die fragend, kündend.

Fichtenzweige sind getüpfelt.

Wie taubes Gold in welker Hand,

Das bietend keinen Nehmer fand.

Flog mal an geschecktes Licht,

Ein verstecktes Kindsgesicht,

Flog mal an.

Ist wo verhalten Lieb in linder Luft

Listigen Taumels wonniges Leben,

Flüsterndes Sprühen

Verstohlen hinüber –.

 

2. Weltschwellendes Lied

           

Über grüßende Klüfte und Büsche zieht

Und junge Vögel wiegende Wipfel

Zwei gelbe Falter...

Ein Haschen, ein Fühlen,

Vorüber...

Das währt, das währt.

Seliger Flug,

Hier in den Himmel

Die beiden es trug:

Mit vier Blättern

Zwei Blumen.

Was so schwer in der Erde,

So ganz schwer –

Aller Frühling schweigt

Und singt sein leuchtend schwellendes Reifen.

Allmenschen.

Braunes Mühen,

Perlen des Fleißes,

Rosen auf greifenden Knäufen.

Bilder rohrleichter Hütten.

Hurtige Schultern des plaudernd

Kindlich treibenden Wichtes

Tragen über das Tal zu anderem Hofe

Ziegen und Frucht –

Grüne Weiten.

Ziegenerstiegene.

Schmerzen wühlen

Schmerzen, seliges Sichlegen ins Grab –

In Erde all:

Schwanken der Seele zur Höhe –

Die Lüfte sind müde

Schwer vom Fremden,

Vögel darin,

Schwarze Vögel mit harten, bohrenden Seelen

Dunkelrunden Augen,

Blankem bereitem Schnabel.

Schwarzer Scharen fliegendes Fragen,

Zusammenrufen

Dunkelbeutefroher Ruf.

 

3. Auf Mutterschoß

       

Betende Hände,

Gottbetroffene Jungfrau,

Flattern und Beben,

Heiliges Lallen:

Schlummre, Frühling,

Im Dunkel einer Trauer,

Und wie ein Kind

Sprießt du immerzu

Violette Blumen des ersehnten Herbstes

In vergessen geschlossener Hand.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-371-00365-5
Erschienen im Buch "Peter Hille – der Bohemien von Schlachtensee"
Herausgeber: Morgenbuch Verlag