Paul Fleming

Auff eines Kindes Ableben (Paul Fleming)

Wo ist der Gärten Pracht / der Blumen Königinn /

der Augen liebe Lust / die Anemone hin?

Die so nur gestern noch in ihrem Purpur-Munde

und keuschem Angesicht' allhier zu gegen stunde?

Wo ist denn heut' ihr Schmuck? Ihr wollust-volles Häupt?

und mit einander Sie? Sie ist schon abgeleibt.

Hier steht Ihr grüner Fuß / der Stengel noch zu schauen /

der schon auch matt und welck. Hier siehst du was zu trauen /

Mensch / auff dein Leben ist. Der / den man itzt begräbt /

das hertzeliebe Kind / hat neulich noch gelebt.

Und itzt / itzt starb es hin. Er war wie eine Blume /

Wo nur nicht leichter noch / mit seiner Schönheit Ruhme.

Hier liegt sein leerer Leib; Ihr Stengel steht noch hier.

Bald wird der keins mehr seyn. Beklagt es doch mit mir.

Was hilfft es / Menschen seyn / was liebe Blumen küssen /

Wann sie sind schöne zwar / doch balde nichts seyn müssen!

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-002455-2
Erschienen im Buch "Deutsche Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.