Heinrich Seidel

Sommerabend-Sommernacht - 5. Die Elfe (Heinrich Seidel)

Nächtlich bei des Mondes Schimmer,

Wenn der Wind schläft in den Wipfeln,

Tanzt die wunderschöne Elfe

Auf dem stillen, schilfumgebnen

Wasserrosenteich im Walde.

Nimmer dringt in diese Gründe

Nur ein Hauch des Menschendaseins!

Selbst der Glocke weithinhallend

Klanggetöne stirbt versummend

In dem weiten Meer der Wipfel.

Und es steht der Wald im Lauschen

Auf das eigne Schweigen lautlos.

Und die wunderschöne Elfe

Wiegt sich über stillem Wasser

Wie ein schimmernd Duftgebilde,

Dass das leuchtend helle Goldhaar

Um die weissen Glieder wallet.

Breitend ihre schönen Arme

Schwebt sie ob dem dunklen Grunde,

Wie ein lieblicher Gedanke

Mondbeglänzter Einsamkeit.

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Glockenspiel - Gesammelte Gedichte, Band VII der Gesammelten Sch"
Herausgeber: A.G. Liebeskind