Heinrich Seidel

Im Mai 1868 (Heinrich Seidel)

Im Mai 1868

Ja, noch ist es keine Sage,

Was der Dichter singt vom Mai: -

Blauer Himmel, sonn'ge Tage

Ziehn in goldner Pracht vorbei.

Ist er doch ein schlauer Knabe!

Wankt einmal sein alter Ruhm,

Giebt er seine schönste Gabe,

Oeffnet er sein Heiligthum.

Streut er seine schönsten Blüthen,

Klingt und singt er früh und spat,

Gleich, als wollt' er uns vergüten,

Was er oft gesündigt hat.

Ach, noch einmal steigst du nieder,

Schön, wie damals, glänzt dein Kleid,

Aber eins bringst du nicht wieder:

Meine holde Jugendzeit!

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Glockenspiel - Gesammelte Gedichte, Band VII der Gesammelten Sch"
Herausgeber: A.G. Liebeskind