Gustav Theodor Fechner

Wiegenlieder (Gustav Theodor Fechner)

1.

Schlaf ein, lieb Kind, schlaf ein!

Die goldnen Engelein

Im Schlafe werden kommen

Zum Kindlein, zu dem frommen.

Lieb Kindlein, schlafe ein!

Ja schlafe ein, mein Kind!

Schon da die Engel sind,

Die wollen dich bewachen,

Die machen dich zu lachen.

Schlaf ein, schlaf ein, mein Kind!

Ja schlaf in goldner Ruh!

Tu Aug und Mündchen zu!

Denn willst du still nicht liegen,

Gleich fort die Englein fliegen.

Schlaf, schlaf in goldner Ruh!

Ja schlafe, Kindlein mein!

Und was die Engelein

Im Schlaf dir werden sagen,

Hebs auf den künftgen Tagen!

Schlaf, liebes Kindlein mein!

Schlaf still in meinem Schoß!

Auch wenn du erst bist groß,

Kein Englein wird mehr kommen

Zum Kind, dem nicht mehr frommen.

Schlaf still in meinem Schoß!

Nun, Kindlein, gute Nacht!

Die Mutter singt nun sacht,

Freut sich der roten Wänglein,

So lieb hat dich kein Englein.

Lieb Kindlein, gute Nacht.

2.

Eia popeia, schlaf, Kindlein, schlaf!

Es kommen die Zicklein, es kommen die Schaf,

Die Schäflein mäh mäh und die Zicklein meck, meck:

Hübsch leise, daß keines das Kind mir erweck!

Die Schäflein, die bringen die Woll auf dem Rücken,

Damit die Mutter kann Strümpfchen dir stricken;

Die Zicklein, die springen so munter und froh;

Mein Kindlein, das machst du bald eben so.

Eia popeia, die Äuglein tu zu!

Es kommen die Küh mit dem Ochsen, muh muh.

Mein Kindlein, habe davor nicht Schreck!

Den bösen Ochsen, den jag ich weg;

Und wenn die Küh auch schön nicht singen,

Doch schöne Milch sie dem Kindlein bringen;

Von der wird keine Butter gemacht,

Die kriegt das Kindlein, wenns ist erwacht.

Eia popeia, nun schlafe recht fest!

Das Schwälblein draußen zwitschert ums Nest,

Was bringst du, Schwälblein, dem Kinde mein?

Und bringst du nichts mit, nicht laß ich dich ein.

Ei Schwälblein, Schwälblein, komm nur geschwinde,

Du bringst ja des Hauses Segen dem Kinde.

Mein Kindlein im Schlafe, das lächelt dazu,

Eia popeia, mein Kindlein, halt Ruh!