Gustav Theodor Fechner

Sprüche und Epigramme (Gustav Theodor Fechner)

Auf der Erde nur gibt es vernünftige Wesen;

So kann man bei Hegels Schülern lesen;

Doch daß nicht alle vernünftig drauf sind,

Ersieht aus selbigem Satze ein Kind.

Was ziehet ihr die Stirne kraus

Und sprecht: mit Poesie ists aus!

Mit Poesie ists aus mitnichten,

Euch fehlet nur das rechte Dichten.

Natur, sprecht ihr, für sich ist roh und ungeschlacht,

Die Schönheit wird dazu vom Menschengeist gebracht,

Nicht doch, der Menschengeist ist roh und ungeschlacht,

Bis er als schön erkannt, was die Natur gedacht.

Für dich mag sich wohl schicken,

Was für die Weisen nicht;

Die kehren der Welt den Rücken

Und schauen in das Licht.

Den Quell der ewigen Klarheit

Und was sie dort erschaut,

Das, sagen sie, ist Wahrheit,

Worauf man Häuser baut.

Du kehr der Sonn den Rücken

Und schaue in die Welt,

So wirst du klar erblicken,

Was sie darin erhellt;

Und daß dein Aug erkenne,

Wo Sonn am Himmel geht,

Nicht selbst es dran verbrenne,

Sieh, wo der Schatten steht.

Und mischst du noch so viel Sachen,

Du wirst das Gold aus Gold nur machen;

Das ist die einzge Alchemie,

Zugleich die einzge Poesie,

Daß sie das Gold uns blank hinleget,

Was roh das Erz schon in sich träget.

Du sagst: ich trinke nur, damit ich könne dichten,

Gedeihen wird es dir, besorge ich, mitnichten;

Gar manches Lied entsprang wohl aus der Flasche Wein,

Doch nie dem Dichter brachts die Flasche wieder ein.

Der Junge, den man dort so fürchterlich zerbläut,

Erwecket Mitleid dir; erwecken sollt er Neid.

Ein jeder in der Welt in Schläge muß sich schicken,

Doch jeder nicht empfing dazu so guten Rücken.

Als ich zuerst die Welt begrüßte,

So schrie ich als ob man mich spießte;

Als ich zum Knaben vorgerückt,

Hab froh ich in die Welt geblickt;

Dem Jüngling ist das schon vergangen,

Doch blieb er an der Hoffnung hangen;

Als Mann hab Wackres ich gewagt,

Doch wackrer ward ich noch geplagt;

Am Ziele meiner Lebensreise

Denk ich: wie war das Kind doch weise!

Solltst du das Meer auch nimmer sehn,

Siehst doch, wohin die Flüsse gehen;

So, daß ein Gott sei, wirst du wissen,

Wenn nach du gehst des Lebens Flüssen.