Gottlieb Konrad Pfeffel

Die Lampe (Gottlieb Konrad Pfeffel)

     

Am Süderpole liegt ein Staat,

Den noch kein Magelan betrat.

Kein Wunder; denn dort ist es immer

Sechs Monde Nacht. Indes erfand

Ein Mann aus einem fremden Land

Einst eine Lampe, deren Schimmer

Die Nacht erhellte. Jeder Stand

Erhob den Mann: der Gärtner pflanzte.

Die Hausfrau spann, der Stutzer tanzte.

Der Weise las beim Lampenschein;

Sogar der Landesvater fühlte

Der Wohltat Wert; er buhlte, spielte,

Und trank bequemer. Nur allein

Die Pfaffen und die Diebe fluchten

Dem neuen Licht; im Dunkeln stahl

Es sich so leicht; bei Nacht besuchten

Der Domherr und Konventual

So unbemerkt die hübschen Weiber.

Als endlich gar ein Juvenal,

Ein Feind der Heuchler und der Räuber

Die Lampe pries, kam der Altar

Und selbst der Thron, wie die Zeloten

Sich heisch posaunten, in Gefahr.

Nun ward das fremde Licht verboten,

Der frevle Künstler exiliert,

Und der Monarch, wie sich's gebührt,

Von den geweihten Sykophanten

Im Leben schon kanonisiert.

Triumph! ihr Herren Obskuranten!

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-7846-0134-0
Erschienen im Buch "Biographie eines Pudels"
Herausgeber: Langewiesche-Brandt KG