Gottfried Keller

Jeder Schein trügt (Gottfried Keller)

Ich weiss ein Haus, das ragt mit stolzen Zinnen,

Frei spielt das Licht in allen seinen Sälen,

Sein Giebel schimmert frei von allen Fehlen,

Kein Neider schilt's, nicht aussen und nicht innen.

Nur wer es weiss mit Klugheit zu beginnen,

In seine Grundgewölbe sich zu stehlen,

Sieht üppig feuchten Moder dort verhehlen

Von dicken Schlangen wahre Königinnen.

Denn tiefer noch, im allertiefsten Schweigen,

Da liegt ein ungehobner Schatz begraben,

Der niemals wird dem Tage wohl sich zeigen.