Gottfried Keller

Abendregen (Gottfried Keller)

Langsam und schimmernd fiel ein Regen,

In den die Abendsonne schien;

Der Wandrer schritt auf schmalen Wegen

Mit düstrer Seele drunter hin.

Er sah die grossen Tropfen blinken

Im Fallen durch den goldnen Strahl;

Er fühlt es kühl aufs Haupt ihm sinken

Und sprach mit schauernd süsser Qual:

"Nun weiss ich, dass ein Regenbogen

Sich hoch um meine Stirne zieht,

Den auf dem Pfad, so ich gezogen,

Die heitre Ferne spielend sieht.

So wird, wenn andre Tage kamen,

Die sonnig auf dies Heute sehn,

Um meinen fernen blassen Namen

Des Friedens heller Bogen stehn."