Ferdinand von Saar

Grillparzer (Ferdinand von Saar)

           

Aufragt jetzt sein Denkmal im Laubgehege,

Das er oft durchschritten gedankengramvoll,

Einsam in dem Straßengewühl der Stadt – und

      Einsam im Grünen.

Damals war der Garten noch schlicht und prunklos,

Schatten gab er wenigem Volk nur, das sich

Fernab hielt den Höh'n der Bastei und jenem

      Schmuckeren Gärtchen,

Wo sich schöne Frau'n und gezierte Dandys

Äugelnd fanden und bei Musik im Rundgang

Plaudernd schritten, oder vergnüglich Fruchteis

      Schlürften und Kaffee.

Unten aber, wipfelumdunkelt, saßen

Stumpfen Sinnes strickende Weiber, dralle

Mägde, Wickelkinder betreuend, neben

      Hüstelnden Greisen.

Abseits, auf den Stufen des Theseustempels,

Tollten schlecht gehütete Rangen, furchtlos

Vor des Wächters drohendem Stäbchen, das sich

      Niemals bewährte.

Ja, das schien wahrhaftig der Ort für den schon

Halb vergess'nen Dichter der Sappho, der sein

Undankbares Vaterland leid- und schmerzvoll

      Liebte wie keiner.

Ungleich seinem mächtigen Zeitgenossen,

Der da trotz'gen Mutes der Welt nur hinwarf,

Was in Tönen stolz er geschaffen, achtlos

      Lobes und Tadels:

Ward mit jedem Tag der Verkennung langsam,

Tropfenweis verbittert das Herz ihm – und so

Floh er menschenscheu aus dem Treiben zu dem

      Zwiespalt im Busen.

Drum auch wünscht' ich nimmer als Bild so frei ihn

Hingestellt der glotzenden Neugier und dem

Seichten, selbstgefälligen Spruche wohlfeil

      Preisender Schwätzer.

Nein, abseits vom Pfade, vereinsamt jetzt auch,

Abgewandt mit traurig gesenktem Haupte,

Aufgesucht von wenigen nur im Schatten

      Hoher Gebüsche.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-216-30271-8
Erschienen im Buch "Wiener Elegien"
Herausgeber: Franz Deuticke Verlag