Ferdinand Freiligrath

Mit einer Erika (Ferdinand Freiligrath)

Meiner Frau zum Geburtstage

Die Heide, die bei uns zuland

allwärts ihr Grün vergeudet;

die Berg und Schlucht und Felsenwand

mit starren Büscheln kleidet;

die hoch und tief sich blicken läßt,

die bring ich dir zu deinem Fest

in schlichter irdner Scherbe.

Wo du und ich geboren sind,

da rauscht sie allerorten;

sie schüttelt sich im Morgenwind

vor deiner Wartburg Pforten;

sie spiegelt sich in Ilm und Saal,

und in der Unstrut goldnes Tal

herschaut sie vom Kyffhäuser.

Und auch bei mir mit hellem Schein

schmückt sie die Bergeshalde;

sie wallt um meinen Externstein

und rings im Lipp’schen Walde;

da summen Bienen um sie her,

und durch ihr rotes Blütenmeer

ausschlagend jagt der Senner.

Der alte Rhein, der Traubenkoch,

könnt ihrer wohl entbehren;

doch ward auch ihm die Heide noch

zu seinen andern Ehren.

Wie oft an Forst- und Gründelbach

unter der Birke weh’ndern Dach

winkt’ uns ihr schwellend Kissen?

Da bebt sie spät, da bebt sie früh,

da flammt sie durchs Gehölze;

da krönt die siebte Mühle sie

und auch die Silberschmelze;

da krönt sie Brunn und Felsenschlucht,

oh, möge dieser Scherbenhucht

an alles das dich mahnen!

Und dann - nicht wahr, seit alter Zeit

ist es der Brauch gewesen,

daß man aus Pfriemenkraut und Heid

gebunden hat den Besen?

Den Besen, der die Gassen kehrt

der wie ein Wetter niederfährt

wo Staub und Wust sich brüsten!

So sei dir denn auch noch vertraut

was junge Sagen künden:

bald wird aus niederm Heidekraut

sich selbst ein Besen binden,

ein ries’ger, der der Niedertracht

und Sklaverei ein Ende macht

in Deutschland und auf Erden!

Brüssel, Dezember 1844