Christian Hofmann von Hofmannswaldau

ICh bin verletzt durch deinen augen-strahl... (Christian Hofmann von Hofmannswaldau)

    ICh bin verletzt durch deinen augen-strahl /

Der seinen blitz in meine brust getrieben /

    Soll / Lesbia / du ursprung dieser qval /

Vergehen nicht mein hertze gantz im lieben;

    So halte doch nur einen Augenblick

               

              Den strahl zurück.

    Wen brennt die nacht der liebes-flamme nicht /

Als die zur glut dem menschen ist erkohren?

    Ein gantzes meer lescht nicht ihr schönes licht /

In dessen abgrund Venus ward gebohren /

    In wellen schwamm diß schöne ungeheur /

               

              Und bleibt ein feur.

    Mein hertz besteht aus wachs und nicht aus eiß /

Ich fühl und seh / wie deine augen blitzen:

    Zweyfache glut ist sterblichen zu heiß /

Was wunder / wenn zwo sonnen mich erhitzen /

    Die gar der himmel seltner schönheit preist /

               

              Und brennen heist.

    Nicht dencke / daß es blosse worte seyn /

Welch hertz kan wohl bey deiner glut erkalten?

    Du weist / ich bin kein engel und kein stein /

Ich muß des blutes regung lassen walten /

    Die GOtt dem menschen schon im paradieß

               

              Ins hertze bließ.

    So liebe dann was deine krafft versehrt /

Mein niedrig seyn kan deinen ruhm nicht tilgen /

    Die sonne bleibet doch in gleichem werth /

Mahlt gleich ihr gold ein kleeblat nebst den lilgen /

    Laß mich bey deinem warmen sonnenschein

               

              Ein kleeblat seyn.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-008889-5
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.