August von Platen

Warm und hell dämmert in Rom die Winternacht... (August von Platen)

 

Warm und hell dämmert in Rom die Winternacht:

Knabe, komm! wandle mit mir, und Arm in Arm

    Schmiege die bräunliche Wang' an deines

        Busenfreunds blondes Haupt!

Zwar du bist dürftigen Stands; doch dein Gespräch,

O wie sehr zieh ich es vor dem Stutzervolk!

    Weiche, melodische Zauberformeln

        Lispelt dein Römermund.

Keinen Dank flüstere mir, o keinen Dank!

Konnt' ich sehn, ohne Gefühl, an deines Augs

    Wimper die schmerzende Träne hangen?

        Ach, und welch Auge dies!

Hätt' es je Bacchus erblickt, an Ampelos

Stelle dich hätt' er gewählt, an dich allein

    Seines ambrosischen Leibs verlornes

        Gleichgewicht sanft gelehnt!

Heilig sei stets mir der Ort, wo dich zuerst,

Freund, ich fand, heilig der Berg Janiculus,

    Heilig das friedliche, schöne Kloster,

        Und der stets grüne Platz!

(1826)

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-000291-5
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.