August von Platen

Der Rubel auf Reisen (August von Platen)

(1833)

     

Der Rubel reist im deutschen Land,

Der frommen Leuten frommt,

Und jeder öffnet schnell die Hand,

Sobald der Rubel kommt.

Ihn speichert selbst der Pietist,

Und gibt den Armen mehr:

Seit außer Kurs die Tugend ist,

Kursiert der Rubel sehr.

Der Tugend wird bloß Ruhm zuteil,

Es ist ein hohler Schall;

Doch wem die Welt um Rubel feil,

Dem klingt ein rein Metall!

Da wird die Nacht gescholten Tag,

Der Teufel wird so gut!

Was nicht ein heller Klang vermag,

Was nicht ein Rubel tut!

Des Nordens Sternbild wird bekränzt

Vom Sängerchor des Teut:

Es ist der Rubel, der so glänzt,

Der so das Aug' erfreut.

Wohl ist er ein an jedem Strand

Süßangegrinzter Gast:

Verkaufe nur dein Vaterland,

Wofern du eines hast!

Der Rubel klirrt, der Rubel fällt,

Was ist der Mensch? Ein Schuft!

Und wenn die Welt dir nicht gefällt,

So steig in deine Gruft!

Der Teufel siegt, der Gott verliert,

Der blanke Rubel reist:

So ward von je die Welt regiert,

Solang die Sonne kreist.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-000291-5
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.