Paul Scheerbart

Mopsiade (Paul Scheerbart)

Für den ersten Welterlöser

Muß ich mich natürlich halten.

Also sprach der kleine Mops,

Der zu Hause lebt von Klops.

Und wärmer wirds im Frühlingswald.

Die alte Sonne scheint nicht kalt,

Sie scheint wie tausend Öfen.

Im Wasser lag das weiße Ei.

Es quiekte auf dem Schreibtisch

Eine schöne Dichterei.

Liebe, labe, lobe mich!

Aber nicht so fürchterlich!

Denn die großen Freuden

Sind mir viel zu viel . . .

Lebe, liebe dich nur aus - !

Doch mit Laben, Loben halte Haus!

»Alte Jacken!« »Alte Jacken!«

Ruft das alte Weib.

Und es bläst in ihren Nacken

Der Hansnarr zum Zeitvertreib.

»Laßt ihn blasen!« »Laßt ihn blasen!«

Schreit das alte Weib.

Und sie setzt sich auf den Rasen

Mit dem alten Leib.

»Grüßt den Springhahn!« »Grüßt den Springhahn!«

Krächzt das alte Weib.

Und sie singt von einer Hinkbahn,

Sagt zum Narren: »Bleib!«

»Auf zur Hinkbahn!« »Auf zur Hinkbahn!«

Blärrt das alte Weib.

Doch der Narr sagt: »Nur der Schlingwahn

Ist ein dummer Zeitvertreib.«

»Alte Jacken!« »Alte Jacken!«

Preist das alte Weib.

Doch der Narr sagt: »Laß die Schnaken!«

Denn die füllen keinen Leib.«

Laß dich noch ein Mal

Im tollsten Rausche

Verzückt umfangen

Laß dir noch ein Mal

So selig küssen

Auf Hals und Wangen

Laß mich noch ein Mal,

Auch nur noch ein Mal

Zu dir gelangen

Hurrah!

Was ist ein Original?

Ein Ei ohne Schal´.

Zum Fressen für die Helläugigen . . .

Wie lebt ein Original?

In Angst und Qual.

Schließlich, schließlich wirds nur

Gefressen von den Helläugigen . . .

Wer sieht dann das Original?

Was weiß ich?

Fürchterlich fürchterlich

Ein Ei ohne Schal´.

Ich weiß ich weiß:

Nur eine Rettung gibts

Kocht hart, kocht hart

Das Ei ohne Schal´.

Laß dich vom rauhen Leben

Hart kneten, du Original!

Dann liegst du den Helläugigen

Recht schwer im Magen

Sie können dich dann nicht vertragen.

oder

Der gegenseitige Kultus

»Mein Freund, Du bist der größte Mann!

Es zweifelt keine Seele daran!

Ich lese jedes Wort von Dir.

Die Andern liefern nur Geschmier.

Du bist der Einz´ge , der was kann!

O glaubs, Du bist der größte Mann!

Was Andre reden, ist nur Quatsch.

Drum reich mir freundlich Deine Patsch!

Wir gründen einen Männerbund

Und hauen los auf jeden Schund!

Damit man endlich doch mal seh,

Worin die wahre Kunst besteh!

Und will einmal ein Schweinehund

Verhöhnen unsern Männerbund,

So kommen wir mit Knüppeln an

Und zeigen, was ein Mann noch kann.

Vor uns muß Jeder rief sich bücken

Und dabei weg sein vor Entzücken!«

So sang voll Hohn ein Bösewicht

Dem Freunde Süßen ins Gesicht.

Und dieser Gute merkte nicht,

Wie leiht das Süße an Gewicht.

»Der größte Mann«, rief er voll Stolz,

»Der sei jetzt länger nicht von Holz!«

Und er begann vergnügt zu zechen

Und mußte schrecklich dabei blechen.

Der Bösewicht der freut sich drob,

Er wird beim zwölften Glase grob.

Jedoch der größte Mann vergißt,

Daß ihm sein Freund oft lästig ist.

Er freut sich seines großen Ruhms,

Gedenkt nicht seines Eigentums.

Bald ist sein Hab und Gut verschwendet.

Der Bösewicht sich von ihm wendet.

Denn große Männer ohne Geld

Sind doch das Schlimmste in der Welt.

So geht´s dem Dummen, der gemütlich

Des Freundes Lob hält für sehr gütlich!

Der Schmeichler ist ein Bösewicht

Oh, kluger Mensch, vergiß das nicht!

Ach arme Menschen sollen lächeln,

Wenn sie ein Schmeichler will umfächeln.

Verrate deine Größe nie!

Sei nur ein heimliches Genie!«

Mit Euch an einem Tisch zu sitzen

Macht mir den größten Höllenspaß.

Ich träume schon von Euren Witzen.

Wohl dem, der mit Euch Austern aß.

Denn was Ihr trinkt

Ist pure Galle.

Und was Ihr eßt

Ein alter Quark.

Recht grob möcht ich Euch Allen sagen,

Daß Ihr mir nie mehr könnt behagen.

Ihr seid das Luderpack der Welt

Und habt mir manchen Tag vergällt!

Nun laßt uns wieder preisen

Die große prächtige Sommernacht!

Nun laßt uns wieder trinken

Den schweren Feuertrank!

Nun laßt uns wieder jubeln!

Wir sind ja gar nicht müd und krank.

Nun laßt uns wieder dichten

Den wildesten tollsten Bcchantengesang!

Nun laßt uns lustig selig sein!

Wein! Wein in die alte Laube hinein!

Schon funkeln die Sterne da oben.

Hei! Stürmisch das Glas erhoben!

Sommernacht, sei gepriesen!

Die bunten Lampen bringt auch herbei!

Und auch die besten Zigarren!

In einer prächtigen Sommernacht

Soll man prassen, schlemmen und schwelgen!

Manches Gedicht mit viel Genie

Ist nur Verhöhnung der Poesie.

Der springende Ton,

Der springende Ton,

Der ist mein Sohn!

Und ich bin seine Mutter.

Die backt mit guter Butter

Für ihren Sohn,

Den springenden Ton

Kuchen! Kuchen!

Daß er sich freuen kann.

Er wird ein großer Mann

Mein lieber Sohn,

Der springenden Ton!

Der bracht ein gutes Futter!

Das backt ihm seine Mutter!

Schweige du Hohn!

Es lebe mein Sohn!

Überwinden, überwinden

Wollen wir die letzten Trümpfe.

Und wenn wir das Letzte finden,

Machen wir uns auf die Strümpfe.

Diese Welt besteht aus Reifen,

Die voll Ärger immer pfeifen,

Daß sie Garnichts mehr begreifen!

Sollen sie sich weiter schleifen,

Dürfen sie sich nicht versteifen

Auf das ewig dumme Keifen!

Laßt sie täglich anders pfeifen

Sonst gehören diese Reifen,

Die uns immer wieder kneifen,

Nicht zu jenen guten Pfeifen,

Deren Wohlklang wir begreifen.

Ich möchte so gern wie ein Vogel

Durch die Lüfte fliegen.

Ich möchte so gern wie ein Löwe

In der Wüste liegen.

Ich möchte so gern wie ein König

Die lange Weile besiegen.

Doch der Glanz der ewigen Sonnen

Begeistert mich heute nicht.

Ich habe Vieles begonnen.

Doch das macht noch kein Gedicht.

Tief unten, wo die Zwerge

Hämmern und feilen,

Muß man eilen.

Hoch oben, wo die Adler

Jagen und morden,

Muß man auch eilen

Nur auf dem Festland

Kann man ruhig sitzen,

Ohne zu schwitzen

Man kann da auch liegen.

Ja, ein Festland ist das feste Land!

Wüßt ich nur, wo das Festland liegt!

Und laßt Ihr mich allein,

So will ich mich nicht haben!

Ich werde meine Pein

Schon selber mal begraben.

Das soll mein feinster Frühling sein!

Es leuchten tausend Sonnen,

Und hinter den Bergen

Wogen die Meere des eigen Sommers.

Ich komme noch hin.

Ich komme mit Welten

Und lache gewaltig.

Die Berge sind hoch,

Aber rüber komm ich doch.

Tausend Sonnen beleuchten

Den wilden höckrigen Pfad.

Das soll mein feinster Frühling sein.

Das Sonnenlicht macht Alles rein.

Alte, alte Wunderwelt!

Nun geh zur Ruh!

Es ist schon spät,

Nun träume deinen Traum,

Die Welt ist gut,

Die Nacht ist kurz.

Nun träume deinen Traum

Von Liebeslust

Und Seligkeit

Und freundlichen guten Augen

Träume! Träume

Von allen denen,

Die du liebst,

Damit sie dich

Auch lieben