Martin Opitz

Vielguet (Martin Opitz)

         

             

INdessen daß mein Sinn der Welt gemeines Ziel

Vernichten / vnd sein Lob auff etwas stellen will

Das gut ist vnd die Zeit deß Lebens gut kan machen /

So komm O Höchstes Gut / du Vrsprung guter Sachen /

Deß bösen ärgster Feind / erwecke mir Verstand /

Verleyhe kecken Muth / vnd schärpffe meine Hand

Zu dringen durch den Neyd deß Volckes von der Erden /

Das sonst mit seiner Schar mein Meister möchte werden /

Vnd Warheit kaum verträgt. Du aber / wehrter Heldt /

O mehr als guter Fürst / dem diese Lust gefällt /

Der du das gute liebst von dem ich hier will singen /

Beschawe neben mir wie nichts an vielen Dingen /

Am guten gutes sey das gut heist vnd nicht ist /

Vnd wenig diesem gleicht was du dir hast erkiest.

    Der Vatter der Vernunfft vnnd Künst' vnd vieler Wercke

Prometheus hatte zwar auß seiner Weißheit Stärcke

Dem Menschen / welchen er vor ohne Geist gemacht /

Deß Fewers edlen Schein vom Himmel eingebracht /

Durch nütze Dieberey in seines Leibes Höle /

Die erstlich dunckel war / daß also Witz vnd Seele

Deß Cörpers Wirthe sind; wann Epimetheus nicht

Ein Faß hätt' auffgethan / vnd an das Sonnen-Liecht

Viel Vbel das vns kränckt mit Hauffen außgelassen.

Der Arme wolte sie zwar mit dem Deckel fassen /

Zu stopffen diß Geschirr: Doch leyder gar zu spat /

Was einmal Lufft bekompt das gibt auff keinen Raht /

Vnd kehrt nicht wider vmb. Seit angeregter Zeiten

Sindt Armut / Vppigkeit / Betrug / Gewalt vnd Streiten /

Vnd Kranckheit / vnd der Todt geflogen vmb vnd an

Durch alles was der Tag bey vns bescheinen kan.

Prometheus hat vns wol ein klares Liecht gegeben /

Ein Fewer auffgesteckt / dem rechten nach zu streben /

Zu kennen was vns dient; sein Bruder aber macht

Daß schwartzer Nebel sich mit einer dicken Nacht

Vmb vnser Hertze legt / vnd läßt vns nicht entscheyden

Wohin zu gehen sey: was billich das vermeyden /

Was falsch ist suchen wir; worauff deß Menschen Muth

Am meisten sieht vnd denckt das heißt sein bestes Guet.

    Ein Theil das pfleget sich zum Ertze zuverdammen /

Vnd Höllenab zugehn; da lesen sie zusammen

Das Gold den reinen Koth / der bleichen Sorgen Kindt /

Deß Glückes Außgespey / den Rauch / den thewren Wind

Der in die Tugend stürmt. Sie scharren auß der Erden

Wordurch sie mehr vnnd mehr dem Himmel frembde werden

Darein kein Goldt nicht kompt. Sie holen vber Meer

Auß einer andern Welt der Laster Werckzeug her /

Versetzen jhren Halß den Wellen selbst zum Pfande /

Sind Blutarm auff der See vmb reich zu seyn zu Lande

Das weit von dannen liegt. Wo ist dein Sinn vnd Rath?

Was bawst du auff ein Hauß das keinen Boden hat /

O Mensch / du Glückes-Ball / was häwst du auß den Gründen /

Vnd suchest in der Bach / im Sande deine Sünden?

Was lauffst vnnd rennest du vnd schwitzest Tag vnnd Nacht?

Was trägst du diese Last / die sorgenvolle Pracht

Durch Recht vnd Vnrecht ein? daß Jason doch ist kommen

An Colchos wilden Strand / vnd hat das Fell genommen!

Nun weiß man vmb das Golt vnd auch vmb Hassz vnd Streit:

Da noch kein Goldt nicht war da war die güldne Zeit.

    Die Götter haben selbst das was wir Golt jetzt nennen /

Vnd erstlich Erde war / gar langsam lernen kennen:

Man sagt daß Jupiter zu zeigen seine Macht

Auff einen Feyertag den Plitz herfür gebracht /

Neptun den Dreyzanckstab; Minerva trug die Eule /

Die Harpffe Cynthius / Alcides seine Keule /

Die braune Ceres Korn / Pan Pfeiffen / Flora Graß /

Vnd Amor sein Geschoß; ein jeder wuste was

Mit dem er Meister ward: doch hatte schon für allen

Der grosse Fürst Neptun dem Mittel wolgefallen /

Wo nicht die Erde noch auff jhre Schoß gezeigt.

Wie wann deß Tages Ziehr die Sonne Seewerts steigt /

Vnd jhre Strahlen läßt mit einem schönen Blincken /

Daß Landt vnnd See sich frewt / den süssen Schlaff-Trunck trincken /

So ließ sie gleichfalls auß deß Goldes falsche Pracht /

Dadurch der Himmel auch jhr dienstbar ward gemacht.

    Alsbald nimpt Jupiter jhm Goldt zu seinem Throne /

Zum Scepter den er trägt / die Juno jhr zur Krone /

Mercur vmb seinen Stab der vor nur Höltzern war /

Vnd Pallas vmb den Schildt: Der Gott der Krieges-Schar

Mars läßt jhm Helm vnd Schwerd / der Titan seinen Wagen /

Saturn das Sichelhefft mit Goldte gantz beschlagen:

Ja der Gerechtigkeit / die nie geliebt den Schein /

Muß jhre Wage-Schal jetzt selbst vergüldet seyn.

So ist das arge Goldt ein Gott der Götter worden:

Der Himmel geitzet auch / vnd reitzt mit seinem Orden

Den der bey Gütern darbt / der seinen Feind bewacht /

Sich hasset vnd liebt Gelt das blind ist vnd blind macht /

Lahm kömpt / geflügelt weicht; der sein Gemühte hencket

An einen güldnen Strick / vnd nie vernünfftig dencket

Daß dieses was man kriegt vnd auch besitzt mit Pein /

Vnd vbel leben lehrt / kein rechtes Gut kan seyn.

    Was soll ich aber dann von Ehr vnd Würden sagen /

Darauff ein stoltzer Geist sein gantzes wolbehagen

Vnd alle Sinnen setzt? ist diß das beste Gut /

Wann einer dem sein Leib / sein eygen Fleisch vnd Blut

Zum Herren worden ist / deß andern Leib vnd Leben

In seinen Händen hat / beherrschet nur was neben /

Vnd nicht was in jhm ist? diß Fell / diß Vberkleydt

Kan vnderthänig seyn: der Sinn bricht durch die Zeit

Vnd aller Fürsten Sinn / er läßt sich nicht regieren

Von einer frembden Hand / nicht bey der Nasen führen

Als wie ein armes Vieh / vnd was du für Gewalt

Hast vber seine Haut / das hat auch dergestallt

Ein andrer vber dich. Diß wird kein Gut nicht heissen

Worauff ein böser Mensch sich pfleget zu befleissen /

Der alles Vbel thut zu treffen auff sein Ziel /

Vnd wann es troffen ist schafft was er kan vnd will.

    Es ist ein grösser Lob daß gute Leute fragen

Warumb nit / als warumb dir was wird auffgetragen.

Was kümmert Cato sich daß etwan ein Vatin /

Ein Narr hoch oben sitzt? ich bleibe wer ich bin

Wann ich zu Fusse geh' vnd Struma prächtig fehret

Der zwar so viel nicht kan / doch aber mehr verzehret

Dann einer der nichts weiß als nur verständig seyn.

Du Stock / die gantze Statt die kennet deinen Schein;

Kreuch in ein Löwen-Fell so reden doch die Ohren:

Durch Hoheit wird der Standt deß Hertzens nicht verlohren;

Die ähre beuget sich worinnen Körner sind /

Die auffrecht steht ist Sprew / vnd fleuget in den Wind.

    Zwar köstlich ist es wol ein Theil der Welt regieren /

Herr vieler Herren seyn / das Schwerdt vnd Scepter führen /

Besitzen Gut vnd Blut / doch ist hier minder Ruh

Als auff der wilden See die grimmig ab vnd zu

Mit jhren Wellen jagt / vnd nie vermag zustehen.

In einem grossen Hoff wo tausend Leuthe gehen

Zu suchen Gnad' vnd Recht / da schleichen auch hinein

Gefahr / Betrug vnd List: es führt der grosse Schein

Viel Schatten hinter sich. Die auff dem Throne sitzen

In voller Herrligkeit / vnd also häuffig schwitzen /

Was meynst du daß es sey? Der Sommer thut es nicht /

Die Sonne kan nicht hin: was auß der Stirnen bricht

Ist Arbeit vnd Beschwer. So viel hier Leute dienen

Sind jhnen mehrentheils zu Dienste selbst erschienen;

Sie ehren nur die Macht deß Fürsten vnd nicht jhn /

Vnd wann sein Glücke fällt so gehn sie auch dahin.

    Ist ferrner diß so gut ein starckes Lob erlangen /

Bekandt seyn weit vnd breyt / mit grossem Titul prangen

Der kaum kan auff den Brieff / der Edlen Ahnen Zahl

Zerstümmelt vnd zerhackt vmb einen gantzen Saal

Mit Wappen vnd Panir in jhrer Ordnung weisen?

Ich ehre deinen Standt: Doch soll ich dich auch preisen /

So lebe Ritterlich / vnd laß mich vnverlacht /

Ob du gleich Edel bist gebohren / ich gemacht.

Wann schon ein gutes Pferdt auß Barbarey nit kommen /

Wann seine Schlacht schon nit von Naples ist genommen /

Das sonst nur Edel ist / vnd erstlich trifft das Ziehl /

Es habe gleich sein Graß gefressen wo es will /

So kriegt es doch den Preiß. Die Bilder die hier stehen /

Von welcher wegen du pflegst oben an zu gehen /

Die ruffen auff dich her / vnd schawen was du thust:

Folg' jhrer Tugend nach hast du zum Lobe Lust.

    Die Schönheit wird es seyn die gut genennt kan werden /

Dann alles schön ist gut: das schöne was der Erden

Allhier nichts schuldig ist / was alles schöne macht /

Was Titans Haus besternt / was güldner Blumen Pracht

Auff Feld vnd Wiesen setzt / vnd Wald auff grüne Hügel /

Was Brunnen Quelle gibt / vnd Vögeln jhre Flügel /

Vnd alles vns verleyht was schönes an vns ist /

Dasselb' ist schön vnd gut. Wer dieses nicht erkiest /

Nicht gut von jhm lernt seyn / der will mit etwas prangen

Das keiner Hoffart werth. Die Rosenroten Wangen /

Der Lilienweise Halß / die Augen / dieser Mund

Sind eine schöne Wandt / ein Hauß das seinen Grundt

Von innen haben muß. An Cedern / an Cypressen /

Am Lorbeerbaume zwar ist keine Zier vergessen /

Die Früchte desto mehr: ein wolgemahltes Weib /

Das nichts zu zeigen weiß als seinen zarten Leib /

Ist ein gemeiner Raub / dem Mann' ein thewres prangen /

Den Eltern eine Schmach / den Frembden ein Verlangen /

Der andern Frawen Neyd / ein schöner Koth vnd Wust /

Ein Opffer vnd Altar der offentlichen Lust /

Vnd was du haben wilt: Gestalt pflegt auß zu tretten /

Vnd ist jhr Kuppler selbst: die keiner hat gebetten

Die bleibt am meisten keusch. Es weiß die gantze Welt

Daß reiner Wille sich mit Schönheit kaum gesellt /

Mit Schönheit welcher Stahl vnd grimmes Fewer weichet /

Doch die nicht minder bald zerrinnet vnd verbleichet /

Wie eine Blume thut die mit dem Tage steht /

Vnd wan der Abend kömpt mit jhm auch vntergeht.

    Viel suchen grossen Ruhm / vnd meynen zu bekleiben

Durch Lob das nimmer stirbt mit lesen vnd mit schreiben /

Vnd sehen diß doch nicht in ihren Büchern an /

Daß einer welcher Lob vnd Ruhm verachten kan

Sey vber alles Lob. Was wilt du dich bemühen /

O Mensch / der Sterbligkeit deß Menschen zu entfliehen /

Wann du die Menschen fleugst / machst noch im Leben dir

Auß deinem Hauß' ein Grab / vnd tichtest für vnd für

Auff Bücher an den Mayn zur Messe fort zu senden /

Da kluge Thorheit wird von so viel tausend Händen

Durch Land vnd See geschlept? bedencke daß die Welt

Noch einen weitern Raum als Teutschland in sich hält /

Vnd Holland auch darzu. Vermeynst du daß dein Wesen

Madrill / Pariß vnd Rom pflegt sonderlich zu lesen /

Da mehr Gehirne wächst? Drückt an Quinsai Bach

Deß Landes China Volck dir deine Träume nach?

Kennt Nilus deine Hand? sey sicher / dieses Schlachten /

Das keiner Völcker schont / wird deiner Kunst nit achten;

Die Weißheit nem' ich auß die Noth vnd Tod zerbricht:

Wer diese Kunst nicht kan der kan gar keine nicht.

    Noch hab' ich nie gesagt von Epicurus Söhnen /

Der rawen Art / die Gott vnd Menschen pflegt zu höhnen /

Vnd schätzet jhren Bauch für Gott vnd für jhr Gut;

Denselben opffert sie den Wein der Erden Blut /

Vnd lebet so dahin als dörffte sie nicht sterben /

Vnd stirbt als sey hernach kein Leben mehr zu erben:

Sie denckt nicht eines an daß jhre Schwelgerey

Der blossen Dürfftigkeit vnd Kranckheit Mutter sey.

    Was klaget doch so sehr deß Volckes Lentz die Jugendt /

Der Tag verlauffe sich / vnd sey zu kurtz zur Tugendt?

Sie selbst fleugt für der Zeit / vnd nicht die Zeit für jhr.

Was scheubest du viel auff? dein heute das ist hier /

Nicht lebe morgen erst. Du must das wilde fressen /

Den Wein der Venus Milch / die Venus auch vergessen /

Zu leben nach Gebühr. Was deine Gurgel heißt /

Worauff ein Bawersmann vnd Schiffer sich befleißt /

Was See vnd Acker trägt / das wird gezeugt zum Leben /

Vnd bringt das Leben vmb: wilt du dem Leibe geben /

So frage die Natur. Man soll / daß vns der Wein

Nicht Schaden bringen mag / jhm selber schädlich seyn /

Vnd Bach darunter thun. Die Vollheit lehret hassen /

Entdeckt was dunckel ist / pflegt Argwohn außzulassen /

Vnd alles was nit taug: sie schärpfft die schnöde Brunst /

Die Liebe welche nichts von einer Himmels-Gunst /

Vom besten guten weiß. Dann wohnet solchen Dingen

Auch etwas gutes bey die bösen Außschlag bringen?

Die Liebe sucht in Müh vnd Arbeit jhre Ruh /

Im Schmertzen jhre Lust / schleußt dessen Hertze zu

Der jhr die Augen gönnt / heißt Knechte nach den Frawen /

Den Edlen nach der Magdt / den Greiß nach jungen schawen /

Beschönt was grewlich ist; sie wird in Angst begehrt /

In Hoffnung fort gepflantzt / in Furchtsamkeit gewehrt /

Vnd Eckel folgt jhr nach: Die Röhte / dieses Blicken /

Der Schweiß / das Hertzenweh / diß auff- vnd nider schicken

Der Säufftzer zeiget ja daß jhre beste Frucht

Ein wahres Stücke sey der rechten schweren Sucht.

    O Gut / O böses Gut was kanst du denen geben

Die deine Folger sind / vnd dir zu Dienste leben!

Du Wollust / wann du mir zu schawen hast gebracht

Die Furche die ein Schiff auff wilder See gemacht /

Vnd eines Adlers Flug / so will ich dir auch finden

Den Weg auff welchem du gewohnt bist zu verschwinden /

Vnd nimbst mit dir dahin die Blüte von der Zeit /

Vor welche du nichts gibst als Armut / Schmach vnnd Leyd.

    Komm mit mir wann du kanst; ich will dir etwas weisen

Darnach du nicht erst darffst biß in Peru hin reysen /

Wo solcher Werckzeug wächst darauff dein Volck sich fleißt.

Komm mit mir an den Orth der Vielguet ist vnd heißt /

In vnserm Schlesien dem jetzt nicht reichen Lande

Das dennoch Vielguet hat; schaw' an dem kleinen Strande

Der Weyde dessen Ruh der seinen Sinn gesetzt

Auff etwas das den Leib vnd Sinn zugleich ergetzt.

    Vergönne mir O Trost deß Landes / dein Verweylen

Vnd angenehme Lust auch andern mit zu theylen:

Ein Fürst ein hohes Haupt ist ein gemeines Gut /

Kan nicht verborgen seyn / vnd was er sagt vnd thut /

Ja fast auch bey sich denckt / zerbricht vnd wider bawet /

Das wird von Jung vnd Alt begierig angeschawet /

Vnd hin vnd her geweltzt. O wol dem der wie du

Kein anders nicht beginnt als wo das Volck darzu

Mit Hauffen rennen mag / vnd auff die Wage setzen

Das Leben so er führt! ein Stein pflegt Stahl zuwetzen /

Die Obrigkeit jhr Volck: ein Mensch wie ich der fällt

Vnd steht auch heimlich auff / ein Herr für aller Welt.

    Wohin nun soll ich wol die Augen erstlich senden?

Dein Vielguet Edler Fürst / das ist an allen Enden

Ein Vielguet wie es heißt / ein Wohnplatz aller Ruh /

Ein Außzug der Natur vnd trifft dem Namen zu /

Als wie der Name dir. Hier hast du auffgesetzet

Ohn Hoffart / nicht ohn Lust / ein Hauß das dich ergetzet /

Vnd deine Sorge kühlt so durch dein hohes Ampt /

Durch vnser Vatterland / vnd durch vns allesampt

Dir stets wird auffgelegt. Was wolt jr Menschen bawen

Biß nach den Wolcken zu? was laßt jr Marmor hawen

Mit solcher thewren Kost? worzu taug diese pracht?

Was mawret jhr euch ein? die Vnschuld wird bewacht

Von jhrer Frommigkeit. Was wolt jhr euch beschliessen /

Verrigeln vmb vnd vmb / vnd fürchtet das Gewissen

Das mitten in euch wohnt? was hilfft es daß die Wandt

Von aussen schöne sey / vnd drinnen fehlt Verstandt

Deß Hauses bester Schmuck? es ließ jhm Nero machen

Gar einen güldnen Hoff / darein von allen Sachen

Nichts schlimmers kam als er der Wust / der schnöde Grauß /

Der gantzen Erden Spott. Hier ziehrt der Herr das Hauß /

Das Hauß so ferren liegt von Falschheit / von dem Neide

Der in Pallästen wächst. Der stille Strom die Weide

Laufft ringes hier vmbher / vnd wird doch kaum gehört;

Vnd dieses hat jhn auch sein Hertzog selbst gelehrt

Das Bildt der Gütigkeit. Hier wohnen die Najaden /

Der keuschen Nymphen Chor so mit den Schwanen baden

Die vnser Phebus liebt / weil keiner / wie man sagt /

Wann Zeit zu sterben ist / sich vber diß beklagt

Was Todt genennet wird: sie fangen an zu singen

Ein süsses Grabe-Lied vnd gehn von diesen Dingen

Mit solcher Frölichkeit als jhnen auch bewußt

Wie vns vnd kündig sey daß dieser Erden Lust

Zergeht vnd eytel ist. Hier sieht man frölich jrren

Vmb jhre Körbe her mit einem süssen Kirren

Der frommen Tauben Schar; hier Vieh vnd Herde gehn

Auff jhre Weyde zu; hier schöne Rosse stehn

Durch jhren gantzen Stall. geliebt dir zu spatzieren?

Hier kanst du dich zur Lust der Gärten lassen führen

An welchen die Natur nicht wenig hat gebawt

Vnd reichlich sich erzeigt? hast du auch sie beschawt

So nim der Wiesen war; hier lebet auff den Teichen

Der Endten zahmes Wildt; hier sind die hohen Eichen /

Der Pusch so allerseits den gantzen Orth vmbringt /

Wo Pan der Waldtgott selbst mit seinen Faunen singt /

Vnd vmb die Stauden tantzt / wo manche Drias gehet /

Vnd durch jhr kühnes Lob den starcken Sinn erhöhet

Der alle Liebes-Brunst getrost verlachen kan:

Wo manches schnelles Wild auff seiner freyen Bahn /

Die jhm sein Herr gezeugt / der einig Macht zu schonen

Vnd Macht zu nehmen hat / mag vngehindert wohnen /

Mag lauffen hin vnd her. du jmmergrüner Waldt /

Jhr Bäume Jupiters / der Hirschen Auffenthalt /

Der leichten Hindin Ruh / jhr Häuser der Geflügel /

Jhr frischer Hitze-Schirm / jhr Thäler vnd jhr Hügel /

Jhr Wiesen / Pusch vnd Feldt / jhr Ort der Einsamkeit /

Wer euch besuchen kan / wer seine stille Zeit

Mit ewrer Lust vermengt / vnd läßt sich diß ergetzen

Was jhm sein Schöpffer gibt / den muß man selig schätzen /

Muß preysen seine Lust / es mag deß Glückes Schein

Vnd dieser Zeiten Lauff gleich noch so böse seyn.

    Jhm wohnt viel gutes bey vnd seinem gantzen Leben:

Wann sich die Sonne will auß jhrer Ruh erheben /

Vnd schickt die Morgenröth im kühlen vor jhr her /

So steht er auff mit ihr / sein Haupt ist jhm nicht schwer

Von einer frembden Last: er pflegt sich an zu legen /

Zwar sauber doch nicht stoltz / mit seinem Morgensegen /

Vnd ruffet dessen Schirm zum allerersten an /

Ohn welchen weder Mensch noch Thier sich regen kan /

Der alles schafft vnd ist: jhn lobt er mit dem Munde /

Vnd mit dem Hertzen auch / vnd bringt die erste Stunde

Mit seinem Helffer zu. Auff dieses wo sein Sinn /

Vnd nicht ein andrer will / da geht er selber hin /

Verwündschet daß ihn Gott auch ferrner also treibe /

Zu leben wie er heischt / vnd bey gesundem Leibe

Gesundes Hertze sey / nimbt also frölich für

Was seines Amptes ist / verfähret nach Gebühr

In allem was er schafft / vnd läßt jhm sein Gewissen

Mit Sachen die jhm nicht gebühren vnzerrissen /

Vnd treibt sie also fort / daß auch der helle Tag

Diß was er redt vnd thut vnd denckt bescheinen mag.

    Kömpt dann das Mittagsmahl so pfleget er zu leben

Von diesem sonderlich was jhm sein Gut gegeben /

Was etwan auff der Jagt sein Windspiel hat gehetzt /

Darmit er vor den Muth / jetzt auch den Leib ergetzt /

Was jhm sein Teich gebracht / ißt seinen reinen Bissen /

Nimbt seinen klaren Trunck mit redlichem Gewissen /

Ist sicher daß kein Gifft auff dessen Tafel kan

Der seine gantze Zeit dergleichen nichts gethan

Das Gifftes würdig ist: jhm wird ein Glaß gereichet /

Nicht zwar darvor ein Mensch verschwartzet vnnd erbleichet /

Ein helles Cristallin / darauß jhm wann er trinckt

Deß Bacchus schöner Glantz biß in die Augen blinckt.

    Er siehet frölich zu wird eines außgestochen

Das Muth zu reden macht; als wie vor wenig Wochen

Die güldne Stutte war die also Ritterlich.

Ich meinen Mann gewehrt / mich dennoch neben sich

Fast hätte hingelegt. Der Wein erfrischt die Alten /

Vnd weckt die Jugend auff: ich kan darvon nichts halten /

Daß einer gar kein Glaß in seine Fäuste nimbt /

Vnd zu der Sicherheit deß Lebens nüchtern kömpt.

Es heißt vns die Natur mit masse mässig leben /

Die ihrer Güter Schar nicht hat vmbsonst gegeben:

Wer seine Zeit vollführt wie jetzund wird gesagt /

Der weiß was sich geziembt / sitzt wie es jhm behagt /

Heißt wegthun wann er will / erträgt nicht Zanck vnnd Streiten

Das voller Sinn gebiehrt / läßt doch den Frölichkeiten

Beym Essen ihren Platz / thut alles nach der Lust /

Die dieses Reichthumb hat / ihm selbst seyn wol bewust.

    Im Fall er also dann mit Ruh ist auffgestanden /

So nimbt er nachmahls auch kein anders vnterhanden

Als einig was jhn Gott vnd sein Gemüte heißt:

In dem der Hundes-Stern anjetzt so hefftig gleißt /

Vnd Feldt vnd Wiesen kocht mit seinen schweren hitzen /

Erkiest er jhm ein Orth an dem er frey kan sitzen /

Liegt etwan bey ein Quell / sucht Schatten an der Bach /

Spatziert vmb ihren Strandt den kühlen Bäumen nach /

Vnd bringt die Stunden hin mit ehrbaren Gedancken /

Die immer eines sind / nicht augenblicklich wancken /

Als wie ein schwaches Schiff das wo der Wind hin steht

Den blinden Wellen nach mit vollem Segel geht.

    Indessen will nun fast das grosse Liecht der Erden /

Das Auge dieser Welt / wie wir auch schläffrig werden /

Da nimbt er widerumb das Nachtmal also ein /

Daß wol zusehen ist / den Tag ein mal satt seyn

Sey der Natur genung; legt dann darauff sich nider /

Vnd allen Kummer auch / danckt seinem Schöpffer wider /

Befiehlt ihm Leib vnd Geist / der jhn die gantze Nacht

In dem er ruhig schläfft gar Vätterlich bewacht.

    O drey vnd vier mal ist ja selig der zu nennen

Der also leben kan / vnd keinen besser kennen

Nicht lernet als sich selbst: der / was sein Standt vnd Zeit

Nur immer leyden will / mit stiller Einsamkeit

In dem was sein ist lebt / vnd bey sich kan vernichten /

Wo Ruh vnd Einfalt wohnt / worauff die Leute tichten /

Das nichts als eytel ist. was nutzt jhn der Demant /

Das viel zu thewre Glaß / an seiner werthen Hand?

Kan etwas das nicht lebt deß Menschen Glieder zieren

Der Seel' vnnd Sinnen hat? der Raub von wilden Thieren /

Der Würmer Webe-Garn soll dieses Hoffart seyn?

Habt ihr nichts eygnes nicht? muß ewer gantzer Schein

In dem was flüchtig ist vnd ausser euch bestehen?

Dem Höchsten hat beliebt euch gleichfalls zu erhöhen:

Jhr aber schätzet euch noch minder als ein Thier /

Dieweil ihr ja von jhm entlehnet ewre Zier /

Vnd seine Schuldner seydt. wer an dem Orte wohnet

Wo Demut Wirthin ist / der bleibet gantz verschonet

Von solcher falschen Pracht vnd Gauckeley der Welt /

Die nur gemeiniglich von nichts am meysten hält.

    Er fraget von jhm selbst sein Hertze das nicht leuget /

Nicht Schmeichelworte giebt / vnd wann er je betreuget

Mit einer guten List / so stellt er auff ein Wildt /

Auff keinen Menschen nit. Er zeucht kein falsches Bildt

Für sein Gesichte her / er redet was er dencket /

Vnd dencket was er redt / hat nichts bey sich versencket

Das andern Schaden bringt; er führt sein Hertze bloß /

Sein Hertze welches im ein Schutz / ein starckes Schloß

Vnd freyer Hafen ist. Er zähmet seine Sinnen /

Die nur sehr jrrdin sind / vnd führet sein Beginnen

Auß ihren Augen weg / sein Geist sieht vber sich /

Vnd weiß daß diese Last der Zeit so ihn vnd dich

Von allen Seiten drückt durch Leyd nicht ist zuwenden;

Drumb nimbt er was GOtt schickt mit außgestreckten Händen /

Mit eysernem Gemüt' vnd allen Frewden an /

Erkennt daß beydes er kein Vbel leyden kan /

Vnd auch kein Vbel thun / verhenget böse Sachen /

Braucht Ruten vnnd auch Schwerdt die bösen gut zu machen /

Die guten besser noch / zu prüffen wer jhn liebt /

Vnd wer jhm Hertz vnd Sinn in beydem Glücke giebt.

    Ein armes junges Kind nimbt offtermals ein Messer

Vnd spielet vmb sich her / ein Vatter weiß es besser /

Beraubt es von Gefahr: so thut der Vatter auch

Der alles hat erzeugt / vnd reißt vns den Gebrauch

Der scharpffen Güter auß darein ein Mensch sich stechen /

Ja Seel' vnd Halß zugleich darüber köndte brechen.

Wie bitter er auch ist so nim den Tranck nur ein /

Den er dein Artzt dir reicht / wo du gesund wilt seyn.

    Ein Leben das von Noth / von Creutze nit kan sagen /

Dem alles auff der Welt ergehet nach behagen /

Ist wie ein todtes Meer das gantz steht vnbewegt /

Vnd niemals an das Landt mit seinen Wellen schlägt.

Ein Fechter fordert auß / ein Landtsknecht liebt das Kriegen /

Ein weiser Mannes Muth will vber Vnglück siegen /

Begehrt den Feind zu sehn; er steht wann alles fällt /

Vnd schlügen schon vielleicht auch Stöcke von der Welt

Auff seinen Halß herab; er kan mit grossem Hertzen

Vernichten Furcht vnnd Trost / zertretten Noth vnnd Schmertzen /

Stirbt ab der Sterbligkeit / ist seines Lebens voll /

Vnd hoffet auff den Tag an dem er wandern soll.

    Vnd solches kömpt daher daß diese trübe Höle /

Diß Sünden-Nest der Leib an seiner reinen Seele

Die minsten Kräfften hat / der Seele welcher Glut

Nach ihrem Himmel steigt / wie sonst ein Fewer thut

Das freye Lufft bekömpt; die nicht ihr Gut auß Sachen

Erzwingt so sterblich sind vnd gleichfalls sterblich machen /

Die alles Gut vnd Lust nur in sich selber sucht /

Da Frewden ohne Leyd / vnd Reichthumb ohne Flucht

Beständig wohnen kan; die jhren Heyland kennet /

Die hertzlich Tag vnd Nacht für seiner Liebe brennet /

Mit ihm sich gantz vergnügt / vnd jetzt schon zu voran

Worauß sie kommen ist im Himmel wohnen kan.

    Diß Gut ists was jhm hir ein frommer Sinn begehret /

Vnd was das Höchste Gut nach wündschen jhm gewehret /

Derselbte dem er Gut vnd Leben in die Lufft

Mit allem Willen strewt / vnd kompt so bald er rufft.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-000361-X
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.