Martin Opitz

Vber den Thurn zu Straßburg (Sonnet II)

       

    PRintz aller hohen Thürn' / als jemals wird beschawen

Der Sonnen klarer Glantz / vnd vor beschawet hat;

Wie recht / weil Straßburg ist dergleichen schöne Stadt /

Hat man dich nur in sie alleine müssen bawen.

    Du rechtes Wunderwerck bist zierlich zwar gehawen /

Doch noch bey weitem nicht zu gleichen in der That

Der feinen Policey / dem weisen Recht' vnd Rhat' /

Vnd grosser Höffligkeit der Männer vnd der Frawen /

    Welch' vber deine Spitz' an Lobe zu erhöhen:

Kein Ort wird jrgend je gefunden weit vnd breit

Der jhnen gleichen mag an Güt' vnd Freundligkeit.

    Wie wol gibt die Natur hiermit vns zu verstehen /

Daß / wann die Bäwe gleich mehr steinern sind als Stein /

Der Menschen Hertzen doch nicht sollen steinern seyn.

Verfügbare Informationen:

ISBN: 3-15-000361-X

Erschienen im Buch "Gedichte"

Herausgeber: Philipp Reclam jun.

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