Martin Opitz

Sie redet die Augen jhres Buhlen an - den sie vmbfangen (Sonnet XXII) (Martin Opitz)

       

    SO offt' ich ewren Glantz / jhr hellen Augen / schawe /

Bin ich in grosser Lust vertäufft so hoch vnd weit /

Daß ich mich frewen muß auch in Trübseligkeit

Vnd eusserster Fortun / in dem ich auff euch bawe.

    Hergegen schätz' ich mich für die betrübste Frawe /

Wann jhr nicht wie zuvor geneigt vnd freundlich seyd:

Ich bin mir selber gram / mein Leben ist mir leydt /

Dieweil ich euch nicht hab' auff die ich einig trawe.

    Jhr jrrdisches Gestirn' / jhr sterblichen Planeten /

Jhr meine Sonn' vnd Mond' / jhr / die jhr mich könt tödten /

Ohn euch ist alle Lust nichts als ein blosses Bild.

    Was wundert jhr euch dann / daß ich zu euch muß eilen /

Mein bester Trost / es fleucht ein jeder für den Pfeilen

Deß Todes / wieder welch' jhr seyd mein starcker Schild.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-000361-X
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.