Martin Opitz

Beschluß Elegie (Martin Opitz)

       

Das blinde Liebeswerck / die süsse Gifft der Sinnen /

    Vnd rechte Zauberey hat letzlich hier ein End':

Es wird das lose Kind so mich verführen können /

    Gott lob / jetzt gantz vnd gar von mir hinweg gewendt.

Nun suche wo du wilt dir anderwerts Poeten;

    Hier / Venus / hab' ich mir gesteckt mein eignes Ziel;

Es ist mir deine Gunst jetzt weiter nicht von nöthen;

    Ich haß' all' Eitelkeit; es liebe wer da wil.

Was meine schwache Hand vor dieser Zeit geschrieben /

    Durch deinen Geist geführt / das ist der Jugend schuld;

Ich werde weiter nicht von solcher Lust getrieben;

    Was dir gehässig ist zu diesem trag' ich huld.

Wann Vrtheil vnd Verstand bey mir zu rathe sitzen /

    So hattest du mir zwar bethört den jungen Sinn:

Jetzt seh' ich daß dein Sohn sey ohne wahn vnd Witzen /

    Du aber / Venus / selbst ein' edle Kuplerinn.

Dein Wesen ist ein Marckt da Leid wird feil getragen /

    Ein Winckel da verdruß vnd Wehmuth jnnen steht /

Ein' Herberg' aller Noth / ein Siechhauß vieler Plagen /

    Ein Schiff der Pein / ein Meer da Tugend vntergeht.

Wo soll die Schönheit seyn / wann alles wird vergehen /

    Die Lippen von Corall / diß Alabaster Bild /

Die Augen so jhr seht gleich als zwo Sonnen stehen /

    Der rothe Rosenmund / der weissen Brüste Schild?

Sie sollen / vnd wir auch als Asch' vnd Staub entfliehen /

    Vnd allzugleiche gehn den Weg der Eitelkeit:

Pracht / Hoffart / Gut vnd Geld / vmb das wir vns so mühen /

    Wird Wind vnd Flügel noch bekommen mit der Zeit.

Ich laß' es alles stehn: das Ende meiner Jugend /

    Vnd Frucht der Liebeslust beschließ' ich gantz hierein:

Ein Werck das höher ist / der Anfang meiner Tugend /

    Ob dieses gleich verdirbt / soll nimmer sterblich seyn.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-000361-X
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.