Ludwig Uhland

Graf Eberstein (Ludwig Uhland)

           

Zu Speyer im Saale, da hebt sich ein Klingen,

Mit Fackeln und Kerzen ein Tanzen und Springen.

        Graf Eberstein

        Führet den Reihn

Mit des Kaisers holdseligem Töchterlein.

Und als er sie schwingt nun im luftigen Reigen,

Da flüstert sie leise, sie kann's nicht verschweigen:

        »Graf Eberstein,

        Hüte dich fein!

Heut nacht wird dein Schlößlein gefährdet sein.«

Ei! denket der Graf, Euer kaiserlich Gnaden,

So habt Ihr mich darum zum Tanze geladen!

        Er sucht sein Roß,

        Läßt seinen Troß

Und jagt nach seinem gefährdeten Schloß.

Um Ebersteins Feste, da wimmelt's von Streitern,

Sie schleichen im Nebel mit Haken und Leitern.

        Graf Eberstein

        Grüßet sie fein,

Er wirft sie vom Wall in die Gräben hinein.

Als nun der Herr Kaiser am Morgen gekommen,

Da meint er, es seie die Burg schon genommen.

        Doch auf dem Wall

        Tanzen mit Schall

Der Graf und seine Gewappneten all.

»Herr Kaiser! beschleicht Ihr ein andermal Schlösser,

Tut's not, Ihr verstehet aufs Tanzen Euch besser.

        Euer Töchterlein

        Tanzet so fein,

Dem soll meine Feste geöffnet sein.«

Und als er sie schwingt nun im bräutlichen Reigen,

Da flüstert er leise, nicht kann er's verschweigen:

        »Schön Jungfräulein,

        Hüte dich fein!

Heut nacht wird ein Schlößlein gefährdet sein.«

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-008501-2
Erschienen im Buch "Deutsche Balladen"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.