Johann Wolfgang von Goethe

Grenzen der Menschheit (Johann Wolfgang von Goethe)

Wenn der uralte,

Heilige Vater

Mit gelassener Hand

Aus rollenden Wolken

Segnende Blitze

Über die Erde sät,

Küss' ich den letzten

Saum seines Kleides,

Kindlicher Schauer

Treu in der Brust.

Denn mit Göttern

Soll sich nicht messen

Irgendein Mensch.

Hebt er sich aufwärts

Und berührt

Mit dem Scheitel die Sterne,

Nirgends haften dann

Die unsichern Sohlen,

Und mit ihm spielen

Wolken und Winde.

Steht er mit festen,

Markigen Knochen

Auf der wohlgegründeten

Dauernden Erde:

Reicht er nicht auf,

Nur mit der Eiche

Oder der Rebe

Sich zu vergleichen.

Ein kleiner Ring

Begrenzt unser Leben,

Und viele Geschlechter

Reihen sich dauernd

An ihres Daseins

Unendliche Kette.