Friedrich Schiller

Der Jüngling am Bache (Friedrich Schiller)

       

An der Quelle saß der Knabe,

    Blumen wand er sich zum Kranz,

Und er sah sie fortgerissen,

    Treiben in der Wellen Tanz.

Und so fliehen meine Tage,

    Wie die Quelle, rastlos hin!

Und so bleichet meine Jugend,

    Wie die Kränze schnell verblühn!

Fraget nicht, warum ich traure

    In des Lebens Blüthezeit!

Alles freuet sich und hoffet,

    Wenn der Frühling sich erneut.

Aber diese tausend Stimmen

    Der erwachenden Natur

Wecken in dem tiefen Busen

    Mir den schweren Kummer nur.

Komm herab, du schöne Holde,

    Und verlaß dein stolzes Schloß!

Blumen, die der Lenz geboren,

    Streu' ich dir in deinen Schooß.

Horch, der Hain erschallt von Liedern,

    Und die Quelle rieselt klar!

Raum ist in der kleinsten Hütte

    Für ein glücklich liebend Paar.

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Schillers Sämmtliche Werke, Erster Band"
Herausgeber: J. G. Cotta'sche Buchhandlung